Tritt auf die Euphoriebremse

Presseecho

Ein Bahnhalt Merklingen darf nicht das Aus für einen Express-Halt Geislingen bedeuten: Der Geislinger Abgeordnete und Stadtrat Sascha Binder sieht die Finanzierungszusagen des Landes für den Bahnhalt skeptisch.

Jochen Weiß/Geislinger Zeitung 14.08.2015

Ein Bahnhalt Merklingen darf nicht das Aus für einen Express-Halt Geislingen bedeuten: Der Geislinger Abgeordnete und Stadtrat Sascha Binder sieht die Finanzierungszusagen des Landes für den Bahnhalt skeptisch 

Der Zusammenhalt auf der Laichinger Alb ist groß: Von Westerheim bis Berghülen, von Nellingen bis Heroldstatt üben die Kommunen den Schulterschluss, wenn es um den Bau des Bahnhalts bei Merklingen geht. 3 Millionen Euro wollen die Gemeinden aufbringen, damit das 21 Millionen Euro teure Projekt Realität werden kann: Eine Machbarkeitsstudie hatte eine negative Kosten-Nutzen-Rechnung ergeben mit der Folge, dass das Land keine Fördergelder nach dem LGVFG – dahinter verbirgt sich das „Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ – geben darf. Der Alb-Donau-Kreis will 1,5 Millionen Euro beisteuern, den Rest das Land auf anderen Wegen auftreiben.

Klingt gut, macht aber den Geislinger Landtagsabgeordneten sowie Kreis- und Stadtrat Sascha Binder (SPD) hellhörig. Der hatte in seiner Funktion als Kommunalparlamentarier im Frühjahr davor gewarnt, dass ein Bahnhalt auf der Alb negative Folgen fürs Filstal haben könnte. Allen voran ein schlechteres Angebot auf der Schiene, weil ein Regionalexpress-Halt bei Merklingen (zu viele) Fahrgäste auf der Filstaltrasse abziehen könnte.

Erstere Befürchtung hat die Studie zwar widerlegt – sie geht von einem täglichen Verlust von 130 Fahrgästen auf der Filstal-Linie aus. Was Binder dennoch umtreibt, ist die Finanzierung, genauer: Die Aussage von Verkehrsminister Winfried Hermann, das Geld auf anderen Wegen aufzubringen – sei es, Fördertöpfe des Bundes anzuzapfen, sei es, eingespartes S-21-Projektgeld für den Bahnhalt zu verwenden.

Dieses Vorgehen birgt aus Sicht Binders die Gefahr, „dass wir uns von Förderrichtlinien und gültigen Prinzipien verabschieden“. Bis Ende des Jahres muss ein Finanzkonzept für den Merklinger Bahnhalt stehen, Minister Hermann muss darlegen, wo das Geld herkommt. Das aber sei im Moment nicht darstellbar. Zwar sei von zweistelligen Millionenbeträgen die Rede, die dank niedrigerer Kosten beim S-21- Tunnelbau eingespart werden. Aber nur voraussichtlich, „wenn es beim Tunnelbau heute gut läuft, kann es morgen ganz anders aussehen“.

Nimmt man hinzu, dass es die Schlussrechnung erst nach Fertigstellung der ICE-Strecke von Stuttgart nach Ulm geben wird – da soll der Rohbau 2018 stehen – sind die mutmaßlichen Einsparungen für Binder nur eine spekulative Größe. „Aber irgendwoher muss das Geld ja kommen – und sei es durch Einsparungen“, sagt Binder. Die könnten eben ganz schnell wieder die Filstalstrecke betreffen: Schon seit Monaten ist der Begriff Metropol-Express im Gespräch, eine zusätzliche Express-Verbindung auf der Schiene. Da sieht Binder die Gefahr, dass sich Hermanns Behörde aus der Verantwortung stiehlt.

Nach dem Zielkonzept 2025 für den Schienen-Personennahverkehr (SPNV) erfüllt Geislingen das maßgebliche Kriterium nicht, nämlich mehr als 5000 Fahrgäste pro Tag, die auf dem Bahnhof dort ein- und aussteigen. „Im ÖPNV-Pakt des Ministeriums mit der Region Stuttgart wird Geislingen aber als Metropolhalt aufgeführt“, sagt Binder – und sieht Hermann in der Pflicht, „diese Vereinbarung gab es vor dem Zielkonzept 2025“. Und, auch darauf verweist Binder: Der Merklinger Bahnhalt wäre ebenso eine Express-Halt, für den die Studie von lediglich 1500 Fahrgästen pro Tag ausgeht. Das zweite Argument gegen den Metropolexpress-Halt Geislingen, ein fehlendes Ausweichgleis, sieht Binder derzeit als untergeordnetes Problem. „Da sollte man zu gegebener Zeit drüber reden. Wir wissen ja nicht, ob dieses Gleis nach Stuttgart 21 überhaupt noch notwendig ist.“

Eine weitere Sorge aus Geislinger Sicht bleibt indes: Dass das interkommunale Gewerbegebiet bei Türkheim, das endgültig zum Ladenhüter zu werden droht – dann, wenn die Albgemeinden dank Bahnhalts weitere Gewerbegebiete ausweisen. Binder: „Jede Region hat berechtigte Interessen, aber man kann Dinge nicht ohne jegliche Kriterien finanzieren.“ Zumal die Laichinger Alb mit der nahen Autobahn im Vergleich mit anderen Regionen Standortvorteile hat.

 
 

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