Edzard Reuter für selbsbewusste SPD

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Im Gespräch mit dem Geislinger SPD-Landtagskandidaten Sascha Binder rief das langjährige Parteimitglied Edzard Reuter dazu auf, Defizite auszugleichen: SPD solle zeigen, was sie für Baden-Württemberg leiste.

ISABELLE JAHN | GEISLINGER ZEITUNG ONLINE 04.03.2016 / Foto: Markus Sontheimer

Das langjährige SPD-Mitglied Edzard Reuter (links) spricht mit dem Geislinger SPD-Landtagskandidaten Sascha Binder über Chancen und Probleme der Partei. Journalistin und Buchautorin Johanna Henkel-Waidhofer führt mit ihren Fragen durch die Veranstaltung. 

„Was macht die SPD alles richtig?“ Bei der ersten Frage, die Edzard Reuter bei einer Wahlveranstaltung von SPD-Landtagskandidat Sascha Binder gestellt bekam, musste das langjährige SPD-Mitglied erst einmal durchschnaufen. Die Wähler finden derzeit wenig richtig an der SPD: Aus einer Erhebung von Infratest dimap im Auftrag der ARD geht hervor, dass die SPD momentan mit 13 Prozent weit hinter den Grünen (32 Prozent) und der CDU (28 Prozent) zurückliegt – die AfD zieht gleich. Diese Werte seien „unverständlich“ und „katastrophal“, sagte Reuter. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Daimler-Benz AG gehört seit 70 Jahren der SPD an. Am Donnerstagabend hat er zusammen mit Binder vor rund 30 Gästen die Fragen der Journalistin und Buchautorin Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer beantwortet.

Nach der Denkpause ergriff Reuter das Wort: „Die SPD hat Großartiges zum Erfolg des Landes beigetragen.“ In Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur und Justiz habe die Partei vieles geleistet – nicht nur in dieser Legislaturperiode. Sascha Binder stieg mit ein: „Alles, was wir uns vorgenommen haben, haben wir auch umgesetzt.“ Für die Bürger habe die SPD die „Hürden zur Mitsprache reduziert“. Dass es die SPD war, die den Streit um Stuttgart 21 mit ihrer Idee einer Volksabstimmung befriedet habe, wisse aber schon keiner mehr. Reuter sieht darin ein allgemeines Problem: „Die SPD hat eine lange Durststrecke hinter sich – nicht in ihrer politischen Gestaltung, sondern in der Anerkennung für das, was sie für dieses Land getan hat.“

Die Partei präge die Politik, aber es gelinge ihr nicht, ihre Werte klar nach außen zu zeigen. Die SPD stehe für Toleranz, Menschenwürde, Geschlechter- und Chancengleichheit. Sie habe eine unverzichtbare Rolle, eine „Führungsrolle“. Die müsse durch das Auftreten von Personen selbstbewusst vermittelt werden. „Glaubwürdigkeit heißt auch, Fehler zuzugeben“, sagte Reuter. Man müsse die Bevölkerung ernst nehmen und ihr zutrauen, die Wahrheit hören zu können.

Die Partei brauche junge Menschen, die deren Werte in die Zukunft transportieren, sagte Reuter. Die Frage „Was bewegt die junge Generation?“ müssen sich laut Binder alle Parteien beim Thema Jugendbeteiligung stellen. Erst vor Kurzem hat sich der 33-Jährige bei einer Podiumsdiskussion mit den fünf anderen Geislinger Landtagskandidaten den Fragen junger Wähler unterzogen. Zu der Veranstaltung waren 150 Besucher gekommen. Bei der Testwahl, an der sich 46 der Gäste beteiligt hatten, hängte Binder mit 58,7 Prozent der Stimmen seine Konkurrenten mit großem Abstand ab. Vor allem beruflich und familiär stünden viele junge Menschen vor der Frage, wie es weitergehe, sagte der Jurist: „Darauf hat die Sozialdemokratie eine Antwort.“ Gegen die Sorge, ob ein Studium leistbar sei, sei die SPD durch die Abschaffung der Studiengebühren vorgegangen. Auch bei der Meisterausbildung wolle sie künftig die Gebühren abschaffen.

Edzard Reuter sieht es in einer repräsentativen Demokratie als unverzichtbar an, sich einzumischen: „Wir müssen uns in politischen Organisationen engagieren.“ Laut Binder sind „die Themen, die einem vor der Haustür begegnen“ für viele ein Grund zur politischen Beteiligung. So kämen Eltern in die Sitzung des Gemeinderats, wenn es um das Thema Kinderbetreuung gehe.

Leicht sei es aber keinesfalls, andere zum Mitmachen zu bewegen: „Wenn ich meine Freunde animieren will, sagen die: ’Dafür haben wir ja dich!’.“ Er selbst habe im Jugendgemeinderat oder im Sportverein fast mehr gelernt als in der Schule, scherzte der Geislinger. Aber nicht nur das „politische Einmischen“ hält Binder für wichtig: Engagement sei auch durch Ehrenamt oder Vereinsarbeit möglich. Soziale Medien wie Facebook oder Youtube sieht er als „Plattform der Auseinandersetzung“ und ein Mittel, um sich einzumischen.

Schließlich bat Moderatorin Henkel-Waidhofer die Podiumsgäste um einen Ausblick auf die Landespolitik der kommenden fünf Jahre. „Wenn wir uns geschickter anstellen, können wir aus dem Tal wieder rauskommen“, antwortete Sascha Binder. Er halte eine „Mehrheit jenseits der Konservativen“ für möglich.

Reuter gab zu, dass ihm ein optimistischer Blick nicht leicht falle. Aber Baden-Württemberg sei „ein großes Industrieland mit vielen mittelständischen Unternehmen und einer hochausgebildeten Bevölkerung – ein „Kernland der Sozialdemokratie“. Die Partei müsse es schaffen, das rüberzubringen.

„Hier sitzt ein fabelhafter Kandidat, der nicht spinnt, sondern knallhart für seine Ziele arbeitet. Etwas Besseres kann einem gar nicht passieren“, lobte Reuter. Mit einem Appell verabschiedete er das Publikum: „Gehen Sie raus, erzählen Sie’s weiter und wählen Sie ihn.“

Zur Person

Edzard Reuter wurde am 16. Februar 1928 als Sohn sozialdemokratischer Eltern in Berlin geboren. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh er mit seiner Familie im Jahr 1935 in die Türkei. Elf Jahre später kehrte die Familie nach Deutschland zurück. Im selben Jahr trat Reuter der SPD bei. 1964 begann er, beim Stuttgarter Autokonzern Daimler-Benz zu arbeiten, den er von 1987 bis 1995 leitete.

 
 

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