Gemeinschaftsschule und gemeinsames Lernen sind machbar

Ortsverein

Rund 40 Interessierte, darunter zahlreiche Lehrkräfte und Schulleitungen aus Geislinger Schulen aber auch aus dem Kreis, haben sich in der „Sportgaststätte Glückauf Altenstadt“ lebhaft und manchmal auch kontrovers mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Die SPD Geislingen hatte zu einem informativen Abend mit Wilfried Nagel (ehemaliger stellvertretender Schulleiter der Staudinger Gesamtschule in Freiburg), Ottmar Dörrer (Schulleiter der Tegelbergschule) und Sascha Binder, der als Landtagsabgeordneter die Vorstellungen der rot-grünen Landesregierung darstellte, eingeladen.

von Sabine Reiff, 23.03.2012

Sascha Binder ging auf die anstehende Änderung des Schulgesetzes ein und stellte die Rahmenbedingungen für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen dar. Es komme verstärkt auch auf das Engagement des Schulträgers an, der gemeinsam mit den Schulen eine Schulentwicklungsplanung betreiben müsse. Binder hob lobend hervor, dass zum neuen Schuljahr mit Bad Boll und Süßen zwei Schulen aus dem Landkreis an den Start gehen werden. Der Abend begann mit einem kurzen Film, der Schüler und Schülerinnen der Hebelschule Schliengen im Unterricht zeigte, die jetzt eine der ersten Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg sein wird. Der Film verblüffte durch eine absolut ruhige Lernatmosphäre, in der jede Schülerin und jeder Schüler nach einem für sie passenden Wochenplan ihrer bzw. seiner Arbeit nachging. Das Lehrpersonal unterstützt die Schülerinnen und Schüler und steht für Fragen zur Verfügung. Einmal pro Woche wertet jeder einzelne Schüler seine Arbeit zusammen mit dem Lehrer aus und plant die weiteren Lernschritte. Ottmar Dörrer stellte die von seiner Schule in Angriff genommenen zentralen Punkte der Gemeinschaftsschule vor, wie Heterogenität sowohl der Schülerschaft als auch der Lehrkräfte, die daraus folgende Konsequenzen für den Unterricht mit zwingender Binnendifferenzierung und Individualisierung sowie die Zieldifferenzierung mit verschiedenen möglichen Abschlüssen. Eine Schule für alle beinhalte auch die Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und erfordere die Zusammenarbeit von Lehrkräften der verschiedenen Schularten.
Fragen zur Schulorganisation, zur Gruppenarbeit und Förderung der sozialen Kompetenz wurden von Wilfried Nagel mit überzeugendem und schwungvollem Engagement beantwortet und weiter ausgeführt. Man konnte sich vorstellen, mit welchem Einsatz der ehemalige Geislinger die Entwicklung der Staudinger Gesamtschule mit vorangetrieben hat und was es bedeutete als „gallisches Dorf“ in der baden-württembergischen Schullandschaft gegen das CDU-dominierte Kultusministerium eine neue Schulform zu entwickeln. Erfreut zeigte sich Wilfried Nagel von der gegenwärtigen Entwicklung: „Bildungspolitik und Schulentwicklung ist wieder spannend geworden“, so Nagel und bedauerte ein wenig, dass er schon im Ruhestand sei. Wichtigster Faktor sei für ihn immer wieder die Erkenntnis, dass Heterogenität gewinnbringend für alle ist und kein zu eliminierender Störfaktor. Die passende Antwort auf die Heterogenität könne nur der individualisierte Unterricht sein, in dem die Lernenden neben der Verantwortung für ihren eigenen Lernfortschritt auch Verantwortung für die soziale Gemeinschaft übernähmen. Einzelarbeit z.B. mit dem Wochenplan, gemeinsames Lernen in Kleingruppen und in der größeren Lerngruppe wechselten sich ab. Die Lehrerinnen und Lehrer würden zu Lernberatern. Unverzichtbar hierfür seien Schulsozialarbeit und das rhythmisierte Lernen in der gebundenen Ganztagesschule. Dies schließe vor allem auch Selektion und Ausgrenzung aus. Er ermutigte die Anwesenden, sich auf diesen Bildungsaufbruch einzulassen und mit zu gestalten. Die abschließende spannende Diskussion zeigte, dass es trotz einer großen Aufgeschlossenheit gegenüber dieser Schulform auch noch viele Bedenken auszuräumen gilt. Wilfried Nagel abschließend: „Ich wünsche mir, dass ich Mut machen konnte und es in meiner alten Heimatstadt Geislingen demnächst eine Gemeinschaftsschule gibt.“

Sabine Reiff

 
 

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