Bürger sprechen sich in Geislingen für VVS-Beitritt aus

Presseecho

Foto: Nebi Martinovic

Geislinger Zeitung v. 06.12.2018, Isabelle Jahn

„Ich spreche von Steinzeit, wenn wir weiterhin den alten Pfad gehen“, sagte Arnulf Wein, der am Dienstagabend als Zuhörer zur Info-Veranstaltung im Kapellmühlsaal kam. Die Diskussion um die Vollintegration des Landkreises Göppingen in den Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) hat der Süßener vor einigen Jahren noch als Kreisrat der SPD-Fraktion begleitet; heute lässt ihm das Thema immer noch keine Ruhe: „Wer den Klimaschutz als Maxime setzt, kommt nicht an der Vollintegration vorbei.“

Bei der Veranstaltung, zu der der Stadt- und Kreisrat sowie Geislinger SPD-Landtagsabgeordnete Sascha Binder mit dem SPD-Ortsverein eingeladen hatte, sprachen sich viele Besucher für einen VVS-Beitritt aus. Sie kamen aus dem gesamten Landkreis, auch um Fragen zu stellen und sich über den ab Januar gültigen Nahverkehrsplan zu informieren. Als Experten waren Kreis-Verkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke und VVS-Geschäftsführer Horst Stammler zu Gast.

„Ich hoffe, wir stehen kurz davor“, sagte Stammler im Hinblick auf den 1. Februar, an dem der Kreistag die VVS-Vollintegration bei einer Sondersitzung abschließend berät. Wesentlich günstigere Preise für die Bürger im Landkreis Göppingen nennt der VVS-Geschäftsführer als großen Vorteil. Ein VVS-Einzelticket von Geislingen nach Wiesensteig würde zum Beispiel 2,50 Euro kosten und damit weniger als die Hälfte im Vergleich zum momentanen Preis (5,80 Euro) im Fils­land-Mobilitätsverbund (FMV). Die Tarife würden laut Stammler „radikal vereinfacht“: Anstatt der bisher mehr als 100 Tarifzonen im FMV werde der Landkreis Göppingen in vier VVS-Tarifzonen unterteilt. Von den Vergünstigungen und Vereinfachungen profitierten vor allem Bewohner im ländlichen Raum: Ein Ticket dient zugleich für Bus und Bahn.

Mit der VVS-App könne man sich nicht nur die Tickets kaufen, sondern auch Bus- und Bahnfahrten in Echtzeit verfolgen. „Jedes dritte Ticket wird bereits mit dem Handy gekauft“, machte Stammler deutlich. Er sieht im VVS-Beitritt auch eine Chance für die Tourismus-Entwicklung im Landkreis: „Dieses Gebiet kommt dann für viele Menschen im Raum Stuttgart überhaupt erst auf die persönliche Landkarte.“

Dass der Landkreis Göppingen durch den Anschluss an den VVS attraktiver würde, meint auch Sascha Binder. Außerdem würden mehr Bürger auf Bus und Bahn umsteigen, auch in den ländlichen Gegenden. Er hoffe bei der Abstimmung im Kreistag stark auf eine Mehrheit für die Vollintegration, sagte der SPD-Politiker.

Bad Ditzenbachs Bürgermeister Herbert Juhn, der im Publikum saß, sprach als Nachteil eines VVS-Beitritts die Mehrkosten für die Kommunen durch eine steigende Kreisumlage an. Dass durch eine Vollintegration die Kosten für den Landkreis um drei bis 5 Millionen Euro pro Jahr steigen, räumten die Experten einheitlich ein. Einig waren sie sich aber auch, dass sich die Investition lohne – zumal man mit einer Einsparung für die Fahrgäste in einer Gesamthöhe von 2,2 Millionen rechne.

Wienecke betonte als Argument für einen VVS-Beitritt den Aspekt der Nachhaltigkeit: „Wir müssen Mobilität anders organisieren, um den Globus zu erhalten.“ Damit sprach der Kreis-Verkehrsplaner einen Punkt an, der bei den Besuchern im Kapellmühlsaal Emotionen weckte: „Teure Parkhäuser und Straßen – alles, was Pkw-lastig ist, wird einfach durchgewunken“, monierte ein Mann aus Göppingen und plädierte für den Fokus auf den Ausbau des ÖPNV. Dem schloss sich aus dem Publikum Klaus Walliser, stellvertretender Ortsvorsteher von Waldhausen, an: „Feinstaub, Fahrverbote – es kann nicht sein, dass sich die Politik gegen die VVS-Vollintegration wehrt.“ Dafür gab es Applaus von den Zuhörern.

Wie der Landkreis den ÖPNV im Zuge des neuen Nahverkehrsplans stärke, stellte Wienecke im Detail vor. Eine entscheidende Verbesserung sieht er darin, dass die meisten Busse mindestens im Stundentakt sowie in einer breiteren Zeitspanne fahren und besser auf Fahrtzeiten der Bahn abgestimmt sind. „Es kann nicht sein, dass ich aus dem Zug steige und die Buslichter von hinten sehe“, verdeutlichte Wienecke. Wobei man diesbezüglich auch auf die Zuverlässigkeit von Seiten der Bahn angewiesen sei. Der neue Liniennetzplan bringe insbesondere Verbesserungen für das Obere Filstal mit besserer Taktung und für Geislingen mit der zusätzlichen Busverbindung in die Neuwiesen. Zudem sei das neue Angebot besser auf Schulzeiten abgestimmt, und das Rufbus-Konzept auf den ganzen Landkreis ausgeweitet, erklärte Wienecke. Der Verkehrsplaner ging an dem Abend mit gutem Beispiel voran: Er war mit dem Zug nach Geislingen gekommen.

 
 

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